In der März-Sitzung des Coburger Stadtrats hielt die Vorsitzende der Coburger SPD-Stadtratsfraktion eine mitreißende Rede zur Haushaltssituation in Coburg. Dabei sprach sie neben den Themen Bildung, Wohnen und Stadtentwicklung auch Brennpunktthemen wie die Integration von Flüchtlingen, die Sanierung des Coburger Landestheaters und die Konsolidierung des Haushalts der Stadt Coburg an.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Stadtrat,
wir leben in politischen schwierigen Zeiten, die Landtagswahlen in Rheinland Pfalz, in Baden Württemberg und Sachsen- Anhalt waren für alle etablierten Parteien ein schwerer Schlag.
Das Erstarken der AfD sollten auch wir – auf kommunaler Ebene – zur Mahnung und zum Anlass nehmen, unser politisches Handeln zu reflektieren und zu hinterfragen.
Die Wähler haben den etablierten Parteien einen Denkzettel verpasst!
Wir als Kommunalpolitiker haben den kürzesten Draht zu den Bürgern, aber gelingt es uns im ausreichenden Maße ihre Fragen zu beantworten?
Nehmen wir ihre Nöte und Ängste ernst? Finden wir auf kommunaler Ebene hierauf die richtigen Antworten?
Schaffen wir es unsere Entscheidungen so transparent zu machen, dass sie die Menschen verstehen und nachvollziehen können?
Und die allerwichtigste Frage, sind wir glaubwürdig, aufrichtig und ehrlich?
Ich glaube nicht, dass all die Menschen, die die AfD gewählt haben, in die rechte Ecke abgeschoben werden können. So leicht dürfen wir es uns nicht machen.
Viele Bürger haben die Nase voll von den geschönten Reden der Politiker, sie wollen klare Antworten und kein „ Rumgeeiere“. Sie wollen glaubwürdige Politiker.
Und darum müssen auch wir - hier in diesem Stadtparlament - um glaubwürdige und ehrliche Politik ringen, es muss uns zusammengelingen, den sozialen Frieden in dieser Stadt zu bewahren, um damit den Populisten den Boden unter den Füssen weg zu ziehen.
Und ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingen kann.
Denn bei allen parteipolitischen Scharmützeln, die wir hin und wieder austragen, wissen wir um die Bedeutung sinnvoller und notwendiger Sachentscheidungen.
Auch der Haushalt 2016 wird von nahezu allen Mitgliedern des Stadtrates mitgetragen, wir alle haben im Laufe des Jahres 2015 in vielen Sitzungen und Gremien an diesem Werk gearbeitet.
Ich möchte aus der Sicht der SPD-Stadtratsfraktion aufzeigen, worauf es uns angekommen ist, welche Schwerpunkte wir gesetzt haben und wo wir zukünftig noch Handlungsbedarf sehen.
Seit ich diesem Gremium angehöre - aber auch schon davor - war es eines unserer wichtigsten Handlungsfelder gleiche Bildungschancen für alle zu schaffen.
Hierzu gehört nicht nur, dass wir das reichhaltige Bildungsangebot der Stadt ausgebaut und erhalten haben (allein 30 Mio. € in den letzten 8 Jahren).
Wir haben eine kommunale Bildungslandschaft geschaffen, die für Teilhabe und Durchlässigkeit auch für jene sorgt, die es etwas schwerer im Leben haben.
Wir haben Strukturen geschaffen, die Benachteiligungen und Auffälligkeiten früh erkennen, um rasch gegenzusteuern.
Getreu dem Leitsatz unseres Oberbürgermeisters „ Lernen von der Wiege bis zur Bahre“ haben wir in Coburg eine Bildungslandschaft, die ihresgleichen sucht.
Für den Ausbau unserer Schulen haben wir für die nächsten Jahre 5,4 Mio. € eingestellt. Hier sind besonders zu erwähnen: der Ausbau der Heiligkreuzschule sowie die Schaffung eines Bildungshauses in der Lutherschule. Auch dies ein innovatives, zukunftsweisendes Konzept.
Wohnen ist ein Menschenrecht, jeder Mensch in unserer Stadt muss eine bezahlbare Wohnung haben.
Hierauf werden wir zukünftig unser Augenmerk richten müssen. Es zeigt sich, dass – gerade was den sozialen Wohnungsbau anbelangt – noch Handlungsbedarf besteht.
Wir haben hierauf zusammen mit den Mitgliedern der CSB reagiert und im Sommer 2015 einen Antrag gestellt, über unsere Wohnbau GmbH in den nächsten Jahren 200 neue Wohnungen zu errichten. Der Beschluss wurde im Herbst 2015 im Stadtrat gefasst.
Hier gilt es zukünftig genau darauf zu achten, dass ausreichender Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen in Coburg zur Verfügung steht.
Dies ein wichtiges Thema, das soziale Spannungen verhindert und sozialen Frieden schafft.
Hierfür sind Darlehen an unsere Wohnbau in Höhe von ca. 5,6 Mio. € vorgesehen.
Aber auch das Thema „Wohnen in der Innenstadt“ ist uns ein wichtiges Anliegen.
Wir alle lieben und schätzen unsere wunderschöne Innenstadt. Der Trend geht wieder „zurück in die Stadt“.
Wir haben immer noch viel zu viele ungenützte Flächen in unserer Innenstadt. Wir beklagen, die Lage des Einzelhandels – aber wir wissen, da wo Menschen leben und wohnen, da kaufen sie ein, da gehen sie zum Essen, da sitzen sie im Café, da genießen sie Kunst und Kultur.
Bereits 2013 haben wir – die SPD-Fraktion – einen Antrag gestellt, diese Ressourcen zu nutzen und haben ein Förderprogramm auf den Weg gebracht, das für Immobilienbesitzer Anreize bietet Wohnraum zu schaffen, durch zusätzliche Fördermittel, aber auch durch Beratung und Unterstützung.
Wenn dieses Förderprogramm ebenso gut angenommen wird, wie das – ebenfalls von uns und der CSB – ins Leben gerufene Programm für die Förderung von Familienheimen, dann wird es uns in den nächsten Jahren gelingen, unsere Innenstadt noch lebendiger und attraktiver zu gestalten.
Nicht zuletzt der Einzelhandel wird davon profitieren.
Stadtentwicklung beschränkt sich jedoch nicht nur auf den Bereich des Wohnens.
Auch unser Einzelhandel, unsere Unternehmen, unsere Dienstleister brauchen Möglichkeiten sich zu entfalten und müssen Bedingungen vorfinden, die es ihnen ermöglichen, Einnahmen zu erzielen, Arbeitsplätze zu schaffen oder sich ganz neu zu gründen.
Wir haben die Chance am Güterbahnhof – und wir sollten diesen Begriff beibehalten, denn er hat historische Wurzel und jeder weiß, worum es geht – ein einmaliges Gelände zu entwickeln.
Hier muss sorgfältig geplant werden, hier dürfen wir keine günstigen, raschen Lösungen suchen.
Das Güterbahnhofsgelände kann zu einem Ort werden, an dem Unternehmensgeist auf Kreativität, Erfindungsreichtum und Innovation stößt.
Lasst uns aus diesem Gebiet etwas machen was Strahlkraft weit über Coburg hinaus hat. Lasst uns dort etwas Innovatives planen um innovative Kräfte anzuziehen.
Aber auch die Innenstadtsanierung muss zukünftig voranschreiten. Nach der fast abgeschlossenen Sanierung der Ketschenvorstadt, müssen wir uns zügig der Sanierung des Steinweg/ Postareals zu wenden.
Für beide Projekte haben wir Gelder in den Haushalt ca. 22,5 Mio. € für die nächsten Jahre eingestellt.
Bei all den Investitionen in Steine, dürfen wir die einzelnen Bürger nicht aus den Augen verlieren.
Kinder, Jugendliche, Senioren, behinderte Menschen, benachteiligte Menschen bedürfen ebenfalls unserer Aufmerksamkeit.
Wir müssen weiter in die Qualität unserer Kinderbetreuungseinrichtungen investieren, wir brauchen Hilfs- und Unterstützungsangebote für Familien in schwierigen Lebenslagen und auch unsere älteren Mitbürger dürfen wir nicht vergessen: ich denke hier nur an das Mehrgenerationenhaus, den Pflegestützpunkt usw.
All das sind wichtige Aufgaben, die nicht schnell dem Sparzwang geopfert werden dürfen.
Denn wir werden den sozialen Frieden in Coburg nur bewahren können, wenn wir auch für diejenigen da sind und Unterstützung anbieten, die aus eigener Kraft das ein oder andere nicht mehr schaffen.
Zum Erhalt einer friedlichen Stadtgesellschaft gehören im Übrigen auch unsere Vereine, egal ob Sport-, Kultur- oder Musikverein.
Für all diese Ausgaben haben wir ausreichende Mittel in den Haushalt eingestellt.
Es wird gern bei den sogenannten freiwilligen Leistungen gekürzt – ich weiß das!
Hier sei den Vereinen versichert, dass wir das nur da tun werden „wo noch Luft nach oben ist“.
Eine Aufgabe für die Zukunft wird es auch sein, faire und angemessene Sätze im Bereich der Hilfen für Unterkunft und Heizkosten zu schaffen. Ein Sparen bei den Ärmsten wird es mit uns nicht geben.
Für den Bereich der sozialen Hilfen haben wir 17,3 Mio. € und für den Bereich Kinder-, Jugend,- und Familie haben wir 22,9 Mio. € in den Haushalt eingestellt
Ich denke aus dem Vorgenannten ist deutlich geworden, dass wir in dieser Stadt niemanden vergessen.
Zurzeit leben ca. 750 Flüchtlinge bei uns, 750 Menschen, die darauf vertrauen, dass wir ihnen Schutz und eine Heimat geben.
Wir heißen die Flüchtlinge willkommen, so wie wir jeden Mensch in unserer Stadt willkommen heißen.
Und wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Menschen auch in unserer Stadt einen Platz bekommen.
Sicher, die Integration von Flüchtlingen stellt uns vor große Herausforderungen, aber anstatt zu klagen und zu jammern, haben die Coburger und Coburgerinnen das Heft in die Hand genommen und mit großem Engagement die Stadt bei der Bewältigung dieser Aufgabe unterstützt.
Vielen Dank an all diese Menschen mit Herz und Verstand ! Danke für all das Engagement und die Hilfsbereitschaft.
Humanismus ist ein Teil unseres deutschen Kulturgutes, das scheinen viele die sich als sogenannte „Patrioten“ bezeichnen, vergessen zu haben.
Wir werden also zukünftig alle Anstrengungen unternehmen müssen, um diesen Menschen einen gutes Leben bei uns zu ermöglichen.
Dabei geht es nicht nur um Wohnung und Versorgung, es geht vor allem um das Erlernen der Sprache, den Zugang zur schulischen und außerschulischen Bildung und dem gegenseitigen Kennenlernen.
Bei der Bewältigung dieser Aufgaben müssen wir den Freistaat und den Bund in die Pflicht nehmen, um die Kommunen stärker und schneller zu unterstützen.
An dieser Stelle möchte ich mich bei all meinen Stadtratskollegen/innen bedanken: In keiner Diskussion, Beratung und Entscheidung zum Thema Hilfe und Unterstützung von Flüchtlingen haben ich ein Zweifeln oder Zaudern erlebt. Es war schnell klar, hier müssen wir helfen, schnell und unbürokratisch.
Coburg ist bunt und wird es bleiben.
Große Einigkeit herrscht auch beim Thema Landestheater. Hier werden wir in den nächsten sechs Jahren 22 Mio. € investieren müssen.
Wir arbeiten gerade an einer vernünftigen, sinnvollen Lösung für die Interimsspielstätte.
All dies auch gut angelegtes Geld. Denn Coburg wird geprägt von einer exzellenten Kulturlandschaft – die Identität und Sinn stiftet.
Unser Landestheater gehört zu Coburg wie die Veste, der Marktplatz und die Coburger Bratwurst.
Ich bin froh, dass wir zu einer guten Vereinbarung mit dem Freistaat gekommen sind und demnächst mit der Sanierung beginnen können.
Wir beschließen heute den Haushalt der Stadt Coburg.
Dieser Haushalt trägt in vielen Bereichen die Handschrift der SPD-Fraktion, aber auch der anderen im Stadtrat vertretenen Fraktionen, er ist geprägt vom kritischen, teils sehr streitigen meist fairen Ringen um gute Lösungen für diese Stadt.
Wir haben einen langen Weg der Haushaltskonsolidierung hinter uns und einen weiteren vor uns.
Aber hüten wir uns davor unseren Haushalt schlecht zu reden, noch immer können wir uns Sachen leisten von denen andere Kommunen träumen.
Aber die fetten Jahre sind vorbei – und wir in Coburg hatten wirklich fette Jahre!
Klar war es dann erst mal schwer von diesem hohen Niveau – was manchmal schon eine „Wünsch- Dir-Was“-Veranstaltung war – wieder herunter zu kommen.
Wir haben 2011 mit der Haushaltkonsolidierung begonnen und ja – die ersten Erfolge waren noch eher spärlich – aber sie haben dazu geführt, dass wir konsequent diesen Weg weiter gegangen sind.
Noch immer profitieren wir von den – in weiser Voraussicht – angesparten hohen Rücklagen.
Noch immer ist unsere Verschuldung auf einem, im Vergleich mit anderen Kommunen, niedrigen Niveau. Es besteht also kein Anlass in großes Wehklagen oder Jammern auszubrechen.
Erst recht besteht kein Anlass ohne Sinn und Verstand unseren Haushalt zusammen zu streichen, nur damit unten eine schwarze Null heraus kommt.
Denn Sparen führt nicht zu Wachstum!
Wir müssen in diese Stadt investieren, um uns zukunftsfähig zu machen, damit Menschen und Unternehmen in dieser Stadt leben wollen.
Mehr Menschen, die hier arbeiten und leben, führen zur Erhöhung der Einnahmen aus der Einkommensteuer.
Wir reden in den letzten Jahren immer nur über die Gewerbesteuer, dabei steigt der Anteil an der Einkommenssteuer seit Jahren an. In den letzten 5 Jahren um ca. 5 Mio. €.
Wir haben weder ein Einnahmen- noch ein Ausgabenproblem, wir haben es nur noch nicht geschafft beides ins rechte Verhältnis zu setzen.
Wir haben auch dieses Jahr keinen ausgeglichenen Haushalt, wir sind aber auf dem richtigen Weg und ich bin optimistisch, dass wir das – ohne sinnvolle und notwendige Maßnahmen zu unterlassen – bis 2020 hinbekommen.
Warum bin ich optimistisch?
Weil der Wille wieder zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen, bei allen angekommen ist
Ich bin aber auch optimistisch, weil wir einiges auf den Weg gebracht haben:
Kurz – wir sind im flow – machen unsere Hausaufgaben und das mit großem Eifer und Disziplin.
An dieser Stelle möchte ich betonen, dass wir uns auf eine äußerst moderate Anhebung der Gewerbesteuer, nämlich auf den Nivellierungssatz von 310 Prozentpunkten, verständigt haben.
Andere Städte haben ganz andere Sätze – Bamberg 390 %, Regensburg 425%.
Wir als SPD-Stadtratsfraktion stehen dazu, wir werden uns nicht nachsagen lassen, dass wir nicht in der Lage sind mit Geld umzugehen.
Wir konnten das in der Vergangenheit und werden dies auch in Zukunft tun.
Aber dies ist nicht in Stein gemeißelt. Wenn es die Situation der Stadt erfordert, werden auch die Unternehmen ihren Beitrag dazu leisten müssen.
Dieser Zeitpunkt ist jedoch noch nicht gekommen.
Die SPD-Fraktion stimmt diesem Haushalt aus voller Überzeugung zu.
Gemeinsam wurde in den letzten Jahren viel auf den Weg gebracht und wir legen heute den Grundstein dafür, dass dieser erfolgreiche Weg fortgeführt wird. Auch deshalb schauen wir optimistisch und frohen Mutes in die Zukunft unserer Stadt, die gut aufgestellt ist und eine große Dynamik erlebt.
Hierfür auch ein herzliches Dankeschön an unseren Oberbürgermeister Norbert Tessmer, der mit seiner Beharrlichkeit – und manchmal stillem Wirken – Tag und Nacht mit viel Erfolg an der Gestaltung und der Seele dieser Stadt arbeitet.
Mein Dank gilt auch all den Menschen und Unternehmen, die in dieser Stadt mitwirken, sodass wir eine Stadt gestalten können, wo jeder Mensch einen würdigen Platz findet, wo sozialer Friede herrscht, wo die Starken den Schwachen unter die Arme greifen, wo wir fröhliche Feste feiern können und Raum ist für Kreativität, Erfindungsreichtum und Innovation.
Mein ganz besonderer Dank gilt der Verwaltung – ich habe im letzten Jahr eine Verwaltung erlebt, die unglaublich kreativ, aktiv, mit viel Engagement an dem Prozess der Haushaltskonsolidierung mitgearbeitet hat, allen voran die Kämmerin mit ihrem Team.
Ich habe in dieser Zeit viel Vertrauen in die Arbeit der Verwaltung gewonnen, sodass ich auch hier ganz optimistisch sagen kann:
Mit dieser Mannschaft schaffen wir das!
Vielen Dank!