Der Coburger Steinweg ist derzeit in aller Munde. Leider nicht immer unter positiven Gesichtspunkten. Während die Altstadtfreunde kritisieren, dass das Sanierungsgebiet nicht schnell genug voranschreitet und Wohnbau und Stadt dies vor dem Hintergrund des geplanten Quartiers der Generationen zurückweisen, wird sich der Coburger Stadtrat in seiner April-Sitzung mit der nächtlichen Sicherheitslage im Steinweg befassen.
Im Zuge der auch zwischen den Unterzeichnern kontrovers geführten Diskussion über eine kommunale Videoüberwachung oder eine Ausweitung der Polizeipräsenz im Steinweg, war es letztlich nur eine Frage der Zeit, bis eines der Coburger Stadtratsmitglieder erneut die Diskussion um eine Sperrzeitverlängerung in den Stadtrat einbringt.
Getragen vom gemeinsamen Ziel eine attraktive Kneipen- und Feierkultur in der Studentenstadt Coburg zu erhalten, lehnen wir als die vier jüngsten Mitglieder des Coburger Stadtrats die Einführung einer Sperrzeit im Steinweg entschieden ab. Während alle politischen Kräfte in dieser Stadt versuchen sollten, die Attraktivität für junge Menschen zu erhöhen, wird mit diesem Antrag ein Schritt in die entgegengesetzte Richtung getan.
Wir appellieren an die weiteren 36 stimmberechtigen Mitglieder des Coburger Stadtrats und den Oberbürgermeister, den in seiner Begründung und Formulierung mindestens in Teilen absurden und widersprüchlichen Antrag der SBC-Stadträtin Adelheid Frankenberger abzulehnen.
Im Antrag wird von einer mangelhaften Informationspolitik der Stadt, von der Gefahr einer durch die Kommunalpolitik verursachten Ghettoisierung des Steinweg-Areals und der Verantwortung der Coburger Stadträte, für die Sicherheit in Coburg zu sorgen, geschrieben und dabei zugleich natürlich betont, dass Coburg eine attraktive Ausgeh- und Feierstadt für junge Menschen bleiben soll. Verwiesen wird zudem auf nicht näher benannte Städte, die angeblich positive Erfahrungen mit der Wiedereinführung einer Sperrzeit gemachten haben sollen. Konkrete Beispiele, wie Sperrzeitregelungen, wie die nun beantragte, tatsächlich Probleme lösen, bleibt die Antragstellerin aber schuldig.
Der Antrag malt aus unserer Sicht ein Bild vom nächtlichen Steinweg, welches in dieser Form nicht zutrifft: Das permanente Schlechtreden des Steinwegs muss aufhören! Für das gesamte Steinweg-Areal besteht die große Chance, im Rahmen des anstehensen Sanierungsprojektes eine spührbare Aufwertung zu erfahren. Der Steinweg ist nicht Problembezirk, sondern zukunftsträchtiger Teil einer lebenswerten, pulsierenden Stadt, zu der auch die Abendgastronomie gehört. Mit unterschiedlichen Maßnahmen wollen wir die Situation im Steinweg auch in Sachen Sicherheit verbessern. Bei aller Unterschiedlichkeit der Ansätze von Jusos und Jungen Coburgern hierzu sind wir jedoch gemeinsam einer Überzeugung: Die schwarzen Schafe müssen sanktioniert werden, nicht pauschal alle Feiernden!
Es ist zwar richtig, dass es in den nächtlichen Stunden am Wochenende von Zeit zu Zeit zu körperlichen Auseinandersetzungen mit zum Teil gravierenden Verletzungsfolgen kommt, die von meist stark alkoholisierten Tätern verübt werden. Dies darf nicht verharmlost werden.
Richtig ist aber auch, dass sich der weit überwiegende Teil der nächtlichen Steinwegbesucher friedlich verhält und mithin durch die Verhängung einer Sperrzeit für das Verhalten anderer bestraft würde. Eine solche Benachteiligung der friedlich Feiernden sollte es unserer Meinung nach jedoch nicht geben. Randalierer und Schläger müssen zur Verantwortung gezogen werden. Fehlverhalten darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Der Freistaat und die Stadt Coburg müssen hiebei jeweils in ihren Tätigkeitsfeldern ihrer Verantwortung gerecht werden. Eine erzwungene Schließung der Lokale wäre ein Armutszeugnis. Die Stadt würde sich den Querulanten ergeben anstatt die wirklichen Probleme und Hintergründe anzugehen.
Auch die Steinweg-Gastronomen, die ihre Gastronomiebetriebe zum Teil unter erheblichem finanziellen Aufwand jüngst neugestaltet haben, würden durch die Verhängung einer Sperrzeit im Steinweg einseitig gegenüber denjenigen Gastronomen benachteiligt, die ihre Kneipen außerorts betreiben. Eine schrittweise Abwanderung der Abendgastronomie wäre die Folge. Coburg würde seiner Funktion als Oberzentrum nicht gerecht. Ein Wiedererstarken der oft nicht ungefährlichen abendlichen Ausgeh- und Diskofahrten ist obendrein zu befürchten.
Auch ist keinesfalls sichergestellt, dass durch eine Verhängung einer Sperrzeit alkoholbedingte Straftaten nicht mehr verübt werden. Letztlich ist zu erwarten, dass es ohne die Ergreifung präventiver Aufklärungsmaßnahmen zu einer bloßen Verlagerung des Alkoholkonsums kommen wird. Sei es in zeitlicher Hinsicht durch eine Vorverlagerung durch noch exzessiveres „Vorglühen“ oder in örtlicher Hinsicht durch eine Verlagerung in öffentliche Parks. Ohne die Sensibilisierung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen für die Zurückhaltung beim Alkoholkonsum sind alle restriktiven Maßnahmen nicht zielführend.
Abschließend bleibt festzuhalten: Wir begrüßen es ausdrücklich, dass nunmehr fast alle im Coburger Stadtrat vertretenen politischen Gruppierungen und Parteien über die Erhöhung der Sicherheitslage im Steinweg diskutieren und sich in die Debatte einbringen. Dem Vorgehen, die gesamte Coburger Jugend und alle im Steinweg Feiernden mit einer überzogenen Sperrzeit zwischen zwei und sechs Uhr zu bestrafe, stellen wir uns aber gemeinsam klar entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Dominik Sauerteig, Franziska Bartl Mitglieder der SPD-Stadtratsfraktion