JUSOS: Inhaltliche Diskussion über Erbschaftssteuerreform als Beitrag zur Bereicherung der politischen Streitkultur in Nichtwahlkampfzeiten

23. September 2015

Inhaltliche Diskussionen über bundespolitische Themen vor Ort auch in Nichtwahlkampfzeiten sind aus unserer Sicht eine Bereicherung für die politische Streitkultur.

So ist es für uns auch durchaus nachvollziehbar, wenn Coburger Unternehmer, wie Stadtrat Horst Geuter (Pro Coburg), die durch die Jusos im Stadtverband Coburg geübte Kritik an dem Vorgehen der IHK zu Coburg bei der öffentlichen Diskreditierung der geplanten Erbschaftssteuerreform, ihrerseits öffentlich kritisieren und so zu diesem Diskurs beitragen.

Dies sollte dann aber auch inhaltlich geschehen und nicht wie dem Coburger Tageblatt (Ausgabe vom 23.09.2015) entnommen werden kann mit Aussagen ohne sachlichen Bezug.

Ausgangspunkt einer Diskussion um die Erbschaftssteuerreform sollte unserer Auffassung nach immer sein, dass die Erbschaftsteuer nicht nur der Erzielung von Steuereinnahmen, dienst, sondern diese zugleich ein Instrument des Sozialstaats ist, um zu verhindern, dass Reichtum in der Folge der Generationen in den Händen weniger kumuliert und allein aufgrund von Herkunft oder persönlicher Verbundenheit unverhältnismäßig anwächst.

Mithin können wir daher nicht nachvollziehen, dass reflexartig seitens Herrn Geuters nun pauschal der Vorwurf der Neiddiskussion erhoben wird, wenn wir einzelne Regelungen der geplanten Erbschaftssteuerreform als ungerechtfertigte und unverhältnismäßige Privilegierung von Unternehmern bzw. Unternehmenserben betrachten und dies auch kommunizieren.

Vermutlich wird sich hier das Bundesverfassungsgericht ein drittes Mal nach 2006 und 2014 mit dieser Thematik, der Privilegierung von einzelnen Vermögensarten, befassen müssen. Aber vielleicht irren wir als Jusos uns ja auch und das Bundesverfassungsgericht kann unser Gerechtigkeitsempfinden an dieser Stelle nicht mit den Fundamenten des Grundgesetzes in Einklang bringen.

Das ändert aber dann nichts an unserer festen Überzeugung, dass Herkunft auch im 21. Jahrhundert noch massiv auf Bildungswege und Lebenschancen einwirkt und dies im Rahmen des grundgesetzlich Möglichen unterbunden werden sollte.

Dass es hierzu einer gewissen Umverteilung von Oben nach Unten bedarf, dürfte keine neue Erkenntnis sein. Mit einer Neiddiskussion, dieses Wort ist im Übrigen in der politischen Diskussion negativ besetzt und wird daher häufig als Totschlagargument verwendet, hat das aber nach unserem Empfinden nichts zu tun.

Nicht einmal die IHK zu Coburg selbst stößt sich im Übrigen generell an einer Erbschaftssteuer, zumindest wurde dies für uns nicht öffentlich wahrnehmbar kommuniziert, vielmehr geht es der IHK zu Coburg wohl darum die unternehmensbezogenen Regelungen der geplanten Erbschaftssteuerreform im Sinne ihrer Mitglieder zu optimieren.

Diese Mitglieder sind im Übrigen nicht unbedingt, wie von Herrn Geuter suggeriert, die von der Erbschaftssteuer betroffenen Erbenden. Wir diskutieren hier nämlich nicht über eine Vermögensteuer!

Wenn Herr Geuter also ausführt, dass wir als Jusos diejenigen mal wieder zur Kasse bitten wollen, die sowieso schon Arbeitsplätze schaffen, keine 35-Stunden-Woche kennen und die den Staat letztlich durch hohe Steuerzahlungen finanzieren, verkennt Herr Geuter wohl, dass das am Thema „Erbschaftssteuerreform“ vollkommen vorbei geht, da hier keinerlei direkter Bezug zueinander besteht.

Denn dies mag vielleicht auf den verstorbenen Vererbenden, der ggf. hart für sein Vermögen gearbeitet hat, zutreffen aber nicht zwingend auf den lebenden Erbenden, denn dieser ist von der Erbschaftssteuer betroffen, und gegen eine Erbschaftssteuer an sich hat das Bundesverfassungsgericht jedenfalls, wohl im Gegensatz zu Herrn Geuter, keine durchgreifenden Bedenken.

Ein direkter Bezug im Sinne des unsererseits vermuteten Gedankenganges von Herrn Geuter kommt erst dann zustande, wenn der Erbende das geerbte Unternehmen mittel- und langfristig fortführt. Für diesen Fall sieht die geplante Erbschaftssteuerreform sehr großzügige Regelungen vor. Das weiß sicher auch Herr Geuter.

Diese Regelungen der Erbschaftssteuerreform für den Fall der Unternehmensfortführung wurden unsererseits im Übrigen nicht kritisiert. Wir haben vielmehr klar und deutlich kommuniziert, dass wir Regelungen, die den mittel- und langfristigen Bestand der erfolgreichen kleinen und mittelständischen Familienunternehmen bei uns vor Ort gefährden, ablehnen.

Im Gegensatz zu Herrn Geuter haben wir uns, jedenfalls nach unserer Auffassung, bezogen auf einzelne Reglungen differenziert mit dem Thema Erbschaftssteuerreform auseinandergesetzt. Herr Geuter scheinbar nicht. Schade, trägt dieses undifferenzierte Vorgehen doch nicht wirklich zu einer gelungen inhaltlichen Auseinandersetzung bei.

Dominik Sauerteig Vorsitzender Jusos im Stadtverband Coburg

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