Politischer Aschermittwoch des SPD Stadtverbandes Coburg

26. Februar 2015

In spannenden und mitreißenden Reden spannten der Vorsitzende des Unterbezirks Coburg-Kronach, Thomas Rausch, und der Bürgermeister der Stadt Ebern, Jürgen Hennemann, den Bogen zwischen Bundes- und Kommunalpolitik. Überzeugen Sie/ Überzeugt euch selbst:

"Wenn ich auf das erste Jahr der Großen Koalition nach Berlin schaue, dann frage ich mich eigentlich nur eines: was haben die Minister der CDU/CSU in den letzten zwölf Monaten gemacht?

Denn alle wirklichen Reformen und Projekte tragen doch ganz eindeutig die Handschrift der SPD: sei es die längst überfällige Einführung des Mindestlohns, die Schritte zu mehr Rentengerechtigkeit oder die Einführung der neuen Familienzeit mit Elterngeld Plus besonders für Eltern mit Teilzeitjobs, die Familienpflegezeit und die Verbesserung unser KITA-Strukturen.

Und das internationale Gesicht Deutschlands prägt wie schon lange nicht mehr unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der für einen Prozess des Dialogs und des friedlichen Miteinander steht und allen transatlantischen Versuchen erfolgreich widersteht, die Konflikte um uns herum mit Waffengewalt zu lösen.

Verhalten wir uns mal ganz „großkoalitionär“ – so, wie es sich auf Bundesebene gehört, und inzwischen ja auch bei uns hier vor Ort in Coburg. Was haben die Minister von CDU/CSU in den letzten zwölf Monaten erreicht? … Ich höre … Das kann doch nicht sein! … Fällt uns jetzt allen gar nichts ein? … Sollte es wahr sein? …Nichts?!!

Dann hüllen wir mal betreten den Mantel des Schweigens darüber, damit uns auch wirklich niemand nachsagen kann, wir wären keine guten Partner in der Koalition.

Aber Freunde, mir, als euer UB-Vorsitzender fällt natürlich noch rettend ein grandioses CSU-Projekt ein, über das europaweit gesprochen wird: die Autobahn-Maut. Das ist doch ein Werk, das Land auf, Land ab, von Automobilclubs wie Wirtschaftsverbänden bis hinauf zur Europäischen Union für Gesprächsstoff sorgt. Doch leider, leider nicht wirklich für positive Diskussionen sondern eher für das erwähnte kollektive Kopfschütteln. Denn inzwischen bleibt uns Bundesverkehrsminister Dobrint ja nicht nur die Antwort schuldig, wie er die PKW-Maut mit geltendem EU-Recht in Einklang bringen will. Inzwischen wird ja auch klarer und klarer, dass mit der Maut nur ein bürokratisches Monster auf uns zurollt, dass dem Staat und uns Steuerzahlern mehr kostet als einbringt. Und bei all der Bürokratie, die hinter dieser umstrittenen Maut steckt, wagen es örtliche zugereiste CSU-Größen uns Sozialdemokraten vorzuwerfen, die Aufzeichnungspflichten beim Mindestlohn wären mit zu viel Aufwand für die Unternehmen verbunden.

Ich frage mich ja schon, ob die Arbeitgeber bisher zu ihren Mitarbeitern so viel Vertrauen hatten, dass sie in der Vergangenheit auf die Erfassung der Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter verzichtet haben. in meiner Tätigkeit als ehemaliger Betriebsratsvorsitzender und Gewerkschaftler habe ich da immer ganz anderes gehört. Allen voran bei diesen Kritikern, wie mal wieder Hans Michelbach, der Chef-Lobbyist der Mittelstandsunion. Er hat zwar dem Koalitionsvertrag zugestimmt und den Mindestlohn mit beschlossen. Aber davon will er jetzt nichts mehr wissen.

Doch, Genossinnen und Genossen: Der Mindestlohn war überfällig. Das, was wir jetzt durchgesetzt haben, ist die untere Grenze dessen, was gerecht als Bezahlung für gute und oftmals harte Arbeit ist. Und daran lassen wir nicht rütteln. Da mögen Hans Michelbach und seine Freunde noch so sehr wettern. Bei der wirtschaftlichen Situation, wo die Börsenkurse Zugspitz-Niveau schon längst überschritten haben, kann ich für dieses Wehklagen nun wirklich kein Verständnis aufbringen. Jetzt sind mal die Arbeitnehmer dran, nach Jahren von Null-Runden oder zumindest Lohn-Zurückhaltung. Die soziale Gerechtigkeit – und dazu gehört der Mindestlohn einfach – ist eine der Grundwerte sozialdemokratischer Politik, die wir nicht antasten lassen.

Auf der anderen Seite dürfen wir unsere eigenen Erfolge in der Großen Koalition nicht klein reden. Wir müssen sie aktiv als Erfolg sozialdemokratischen Regierens verkaufen und konsequent weiter darauf aufbauen.

Nicht anders stellt sich übrigens die Situation bei uns in Coburg dar. Auch hier können wir auf 25 erfolgreiche Jahre SPD-Politik aufbauen. Sozialdemokraten haben Coburg das moderne Gesicht von heute gegeben. Dafür bin ich allen dankbar: Unseren beiden Norberts, aber auch alten Vordenkern wie Peter Kolb und Siegfried Freytag, die dieses Fundament mit gelegt haben.

Wenn externe Fachleute heute sagen, die Probleme Coburgs sind anderenorts die Lösung, dann spricht das doch für sich. Unsere Norberts haben die Zeichen der Zeit erkannt und die Weichen frühzeitig gestellt – deshalb haben wir Rücklagen gebildet, als die Steuereinnahmen noch reichlich(er) flossen und uns um die Gestaltung des demographischen Wandels gekümmert, als andere mit dieser Entwicklung noch gar nichts anfangen konnten.

Wir wollen in Köpfe investieren und nicht nur in Steine – so lautet ein Credo unseres Oberbürgermeisters Norbert Tessmer. Er hat uns diese Binsenweisheit eingehämmert, bis wir sie alle nachts im Schlaf aufsagen konnten. Und womit? Mit Recht!

Aber an diese Grundidee von Politik muss ich auch angesichts der aktuellen stadtpolitischen Diskussionen denken.

Keine Frage: die „Soziale Stadt“ in Wüstenahorn ist ein Segen für alle, die dort leben. Und die Ketschenvorstadt wird immer mehr zu einem Schmuckstück mit hoher Aufenthaltsqualität für Einheimische und Besucher.

Und natürlich ist es richtig, das ehemalige Schlachthof- und Güterbahnhofsgelände zu einem Stück Zukunft für unsere Stadt zu entwickeln.

Und ja: auch vernünftige Parkmöglichkeiten am künftigen ICE-Bahnhof Coburg müssen einfach sein. Und die Sanierung unseres Landestheaters hat ebenfalls größte Priorität.

Aber, Genossinnen und Genossen – das ist dann schon verdammt viel Beton, in den wir da investieren müssen. Ist es in dieser Situation richtig, noch eine weitere Großbaustelle anzugehen – die Schloßplatztiefgarage?

Wir Sozialdemokraten hatten dazu über Jahre eine ganz klare Position: wir sagen gerne JA zu diesem Projekt, wenn es nicht zu Lasten des kommunalen Haushalts geht und nicht dazu führt, dass unsere günstigen Parkgebühren in die Höhe schnellen. Die CSU hat uns ja immer erzählt, das wäre ganz einfach zu lösen. Die Schloßplatztiefgarage baut einfach ein privater Investor. Dass die Stadtverwaltung den nicht gefunden hat, hat die CSU immer auf die Unfähigkeit von Norbert Kastner geschoben.

Dumm nur, dass es im Anschluss auch der IHK mit ihrem Präsidenten und CSU-Stadtrat Friedrich Herdan an der Spitze nicht gelungen ist, einen solchen Investor aus dem Hut zu zaubern. Wahrscheinlich geht es eben doch nicht so einfach… Und wenn jetzt Hans Michelbach mit möglicher Städtebauförderung lockt, dann muss uns doch klar sein, dass diese Fördermittel in ihrer Gesamtsumme für Coburg nach oben gedeckelt sind. Und wenn wir Städtebauförderung für die Schlossplatztiefgarage einsetzen, dann wird sie uns in der Ketschenvorstadt, im Steinweg oder bei anderen Projekten fehlen. Dies hat auch unser Oberbürgermeister erkannt und daher schon im Kommunalwahlkampf den Gedanken aufgebracht, die Entscheidung über den Bau der Schlossplatztiefgarage nur zusammen mit den Bürgern zu treffen.

Eine geniale Idee. Dabei muss man den Bürgerinnen und Bürgern im Vorfeld reinen Wein einschenken, welche Vorteile dieses Projekt zweifelsohne hätte – aber auch welche Konsequenzen für die städtischen Finanzen, den Parkgebühren und unsere Spielräume für die weitere Gestaltung unserer Stadt.

Die Zeit ist reif – auch hier hat Norbert Tessmer Recht. Wenn nicht im Zusammenhang mit der Generalsanierung des Landestheaters, wann dann würde diese Mega-Baustelle Sinn machen.

Deshalb wünsche ich mir von unserer Sozialdemokratie, diesen Vorschlag von Norbert Tessmer aus dem Kommunalwahlkampf mutig aufzugreifen und umzusetzen. Damit Nessie nicht noch weitere Jahrzehnte auf- und abtauchen muss im Loch Schlossplatz…"

Thomas Rausch

Vorsitzender SPD Unterbezirk Coburg-Kronach

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