In diesem Jahr feiern wir als SPD gemeinsam mit unseren Freunden der DGB-Gewerkschaften den 125. Tag der Arbeit. Nach dem sog. Haymarket-Massaker im Jahre 1886, rief der Internationale Arbeiterkongress zu einer großen internationalen Manifestation auf. Bezugnehmend auf diesen Aufruf demonstrierten am 01. Mai 1890 Hundertausende für bessere Arbeitsbedingungen in Deutschland.
Auch im Jahr 2015 ist an der Front der Arbeitsbedingungen noch Einiges zu erreichen. Der Tag der Arbeit ist daher für uns als Sozialdemokratie, die ihren Ursprung in der Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts hat, also nicht nur Gedenktag, sondern vor allem auch ein gemeinschaftsstärkendes Erlebnis mit den DGB- Gewerkschaften, da wir als Sozialdemokratie vor Ort uns nach wie vor als Teil der Arbeiterbewegung verstehen.
Bei der traditionellen DGB-Kundgebung in Coburg wird in diesem Jahr Dr. Thomas Beyer seines Zeichens bayerischer Landesvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt, mithin also ein Vertreter eines bedeutsamen Wohlfahrtsverbandes in Deutschland, als Hauptredner auftreten.
Dies nehmen wir zum Anlass für die Veröffentlichung der Forderungen der SPD im Stadtverband Coburg zum 125. Tag der Arbeit am 01.Mai 2015: „Soziale, erzieherische und pflegerische Berufe aufwerten und Verständnis für deren Forderungen zeigen!“
Nicht zuletzt bedingt durch den demographischen Wandel, der das Gesicht weiter Teile Oberfrankens und Coburgs in den kommenden Jahren prägen wird, zeigt die SPD im Stadtverband Coburg ihr vollstes Verständnis für die Forderung nach der Aufwertung sozialer, erzieherischer und pflegerischer Berufe.
Die demografische Entwicklung Oberfrankens ist eine der größten Herausforderungen für unsere Zukunft. Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger, Altenpflegerinnen und Altenpfleger, Erzieherinnen und Erzieher leisten einen immens wichtigen Beitrag zum aktuellen und zukünftigen Gesicht unserer Stadt und der gesamten Region. Angesichts der rückläufigen Bevölkerungszahlen bei gleichzeitiger Erhöhung des Durchschnittsalters fordern wir alle Akteure in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf, die Arbeitsbedingungen in Erziehung und Pflege entscheidend zu wandeln.
Denken wir in diesem Falle ruhig einmal – fast schon egoistisch – an uns selbst: sollte es gemeinschaftlich nicht gelingen, frisch ausgebildete Pflegekräfte durch angemessene Bezahlung in unserer Region zu halten oder für eine Ansiedlung in unserer Region zu gewinnen, steht schlichtweg eines auf dem Spiel: unsere eigene Versorgung, sollten wir im Alter einmal dem Kreis der pflegebedürftigen Personen zufallen.
Gerade bedingt durch den demographischen Wandel, rufen wir die Bürgerinnen und Bürger Coburgs daher auf, Verständnis für die Forderungen der Beschäftigten in sozialen und erzieherischen Berufen aufzubringen.
Neben der anstehenden Steigerung der Zahlen Pflegebedürftiger aufgrund der Alterung der Gesellschaft möchten wir jedoch gesondert auch auf eine dringend nötige Aufwertung des Berufsbildes „Erzieher/-in“ anregen. Junge Familien vertrauen den Beschäftigten in sozialen und erzieherischen Berufen tagtäglich ihr wertvollstes auf Erden an: ihre Kinder. Die Verfügbarkeit qualifizierter und verlässlicher Erzieherinnen und Erzieher ist daher von enormer Bedeutung für alleinerziehende Berufstätigte sowie für junge Familien, in denen beide Elternteile einer Beschäftigung nachgehen wollen oder müssen. Angesichts dieser wichtigen Aufgabe und einer bis zu 5-jährigen Ausbildung ist die Verfügbarkeit, Anwerbung und gerechte Bezahlung motivierter Erzieherinnen und Erzieher ein wichtiger Standortfaktor und Baustein die Wandelung der Altersstruktur in unserer Region zu meistern oder ihr sogar entgegenzuwirken. Folgerichtig sollte eine gesteigerte Wertschätzung des Berufsbildes sich am Ende des Tages auch im Geldbeutel der Beschäftigten widerspiegeln - unabhängig davon, ob beschäftigt im Öffentlichen Dienst, bei den freien Trägern der Wohlfahrtspflege oder den Kirchen.
Solidarisch stellen wir uns also hinter die Forderungen der Gewerkschaft ver.di und GEW, die neue Eingruppierungsvorschriften festlegen und die Tätigkeitsmerkmale für bundesweit rund 240.000 Beschäftigte im Öffentlichen Dienst neu regeln möchte – mit dem wichtigen Ziel der Aufwertung sozialer und erzieherischer Berufe.
Dieser Kampf der vordergründig zunächst nur für die und vor allem durch die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst ausgefochten wird, wird sich jedoch indirekt auch auf die Arbeitsbedingungen von weiteren 500.000 Beschäftigten bei den freien Trägern der Wohlfahrtspflege und den Kirchen – hier gilt ein Streikverbot - auswirken. Auch in Coburg befinden sich beispielsweise zahlreiche Kindertagesstätten in der Trägerschaft der freien Träger und der Kirchen.
Unter dem Motto „soziale Berufe sind mehr wert“ zeigten die Gewerkschaft ver.di und rund 100 Teilnehmer in Kronach, dass das Thema in der Region Fuß fasst und bei Weitem nicht auf die bundespolitische Ebene abgeschoben werden kann. Denn - wie die Tarifverhandlungen bisher zeigten, gilt die Prämisse „Die da oben werden das schon regeln“ auch in diesem Falle nicht. Wir unterstützen also die Solidaritätsaktion, um auf den dringenden Handlungsbedarf hinzuweisen.
Aus kommunalpolitischer Sicht muss dennoch darauf hingewiesen werden, dass eine oftmals schwierige finanzielle Lage der Kommunen kaum Spielraum zu deutlichen Lohnerhöhungen in kommunalen Einrichtungen lässt. Zukunftsweisende, vorausschauende Investitionen auch im sozialen Bereich und die notwendige Haushaltskonsolidierung dürfen jedoch nicht als Gegensatz verstanden werden. Hierzu bekennen wir uns als Coburger Sozialdemokraten ausdrücklich. Es gilt vielmehr in Coburg, den unter seiner Zeit noch 3. BM Norbert Tessmer eingeschlagenen Kurs der vorausschauenden Sozialpolitik auch in Zukunft nicht kampflos gegenüber denjenigen Akteuren der Kommunalpolitik Preis zu geben, die unsere Heimatstadt am liebsten als wirtschaftlich ausgerichtetes Unternehmen verstanden wissen möchten.
Um den schwierigen Spagat zwischen der gerechtfertigten Forderung der Beschäftigten der sozialen, erzieherischen sowie pflegerischen Berufen und der kommunalen Finanzlast zu spannen, muss auf Bundesebene dringend das Heft des Handelns in die Hand genommen werden. Nicht umsonst forderten wir als Sozialdemokraten im Bundestagswahlkampf 2013 eine angemessene Beteiligung Finanzstärkerer in unserer Gesellschaft durch die Etablierung einer Vermögensteuer, um Investitionen in Bildung, Erziehung zur Bewältigung des demographischen Wandels auf regionaler Ebene mitfinanzieren zu können.
Stefan Sauerteig
Vorsitzender SPD Stadtverband Coburg